SOLEX
Das wohl berühmteste Solex-Modell, das Vélosolex, ist mit Sicherheit nicht so temperamentvoll wie ein Piaggio Hödi und auch nicht so leistungsstark wie ein Puch Maxi Mofa, dafür ist es aber unvergleichlich charmant und es fällt auf. Die charakteristische Motoraufhängung und andere charismatische Besonderheiten bescherten diesem Mofa über die Jahre zahlreiche liebevolle Spitznamen: Nasenwärmer-Töfflis, Maria-Hilf-Motor oder auch Christenverfolger lauten einige der Kosenamen. Wie diese Namen zustande kamen und was die spezielle Solex-Technik damit zu tun hat, erklären wir dir aber später noch genauer.
Sitz | |
Status | Nicht aktiv |
Gründung | 1905 |
Weltmarktführer für Vergasertechnik
Das Unternehmen Solex, das im Jahr 1905 von Maurice Goudard und Marcel Mennesson gegründet wurde, war eigentlich kein Zweiradproduzent, sondern Spezialist für den Bau von Vergasern. Im Jahr 1910 meldeten die Gründer noch unter dem ursprünglichen Firmennamen Société Goudard et Mennesson ein Patent zur Herstellung von Automobilvergasern an. Diese und andere Patente sind die Grundlage des Welterfolges des Unternehmens. Solex-Vergaser-Technik wird – unterbrochen nur von der Zeit des Zweiten Weltkrieges – bis in die 1980er-Jahre von jedem Kfz-Hersteller genutzt. Bei Töfflimeitli und Töfflibuebe sorgt der Name aber aus anderen Gründen für Verzückung, denn Solex entwickelte auch eines der markantesten Töfflis aller Zeiten. Die Rede ist von dem Modell Vélosolex.
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Revolutionärer Reibrollenantrieb
Schon kurz nach der Gründungsphase des Unternehmens tüftelte Marcel Mennesson an einem revolutionären Zweirad – genauer gesagt war die Antriebstechnik die Innovation. Die Kraft des 2-Takt-Motors wurde nicht durch Ketten- oder Keilriemen-Transmission auf die Räder des Fahrzeugs übertragen. Bei dem Velo mit Hilfsmotor, an dem Marcel Mennesson tüftelte und für das er im Jahr 1917 ein erstes Patent anmeldete, erfolgte die Kraftübertragung mittels einer Reibrolle, die direkt auf den Mantel des Zweirads wirkte. Doch zur Serienreife kommt es zunächst nicht, erst im Jahr 1941 wird der erste Prototyp mit Reibrollenantrieb gebaut, doch dieses Velo mit Hilfsmotor begeistert auf Anhieb. Dabei ist es natürlich nicht die charmante Optik, welche die damaligen Zeitgenossen überzeugt, sondern die technischen Vorteile dieses Antriebskonzepts gegenüber konventionellen Kettenantrieben. Nach Optimierungen an dem ersten Prototyp begann im Jahr 1946 nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Serienproduktion. Es war der Auftakt für eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Ab dem Jahr 1948 fertigt der Automobil-Hersteller Hispano-Suiza die Hödis in der Schweiz in Lizenz. Auch hierzulande sind von diesem Zeitpunkt immer mehr der markanten Zweiräder auf den Strassen unterwegs. Weltweit wurden in den folgenden Jahrzehnten über acht Millionen Exemplare dieses Solex-Mofas verkauft. Noch heute hat das Töffli, obwohl es seit 1988 nicht mehr gebaut wird, eine grosse Fangemeinde.
Halb Töffli, halb Velo
Zugegeben, auf den ersten Blick sehen die Solex-Mofas verdächtig nach Velo aus. Aber wer einmal auf einem dieser Velos im Schafspelz Platz genommen hat und den in der Standard-Version verbauten 49 cm³-2-Takt-Motor durch ein paar kräftige Tritte in die Pedale gestartet hat, der wird zustimmen: Ein Vélosolex ist keine Mogelpackung, sondern ein waschechtes Töffli. Natürlich nicht so leistungsstark, aber in ungedrosseltem Zustand reicht es für eine Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h. Der luftgekühlte Einzylinder mit Automatikgetriebe liefert 0,58 kW bei 2500 U/min, völlig ausreichend, um besonders bei schönem Wetter eine Ausfahrt zu unternehmen.
Nasenwärmer, Christenverfolger, Maria-Hilf-Motor – Technik und Spitznamen
Ausserdem ist Geschwindigkeit natürlich nicht alles, es kommt auch auf Optik und Charme an. Von Letzterem bieten die Solex-Töfflis reichlich. Mit ihrem attraktiven, oder zumindest sehr markantem, Äusseren punkten sie sowieso. Dafür sorgt allein schon die Positionierung des Motors direkt über dem Vorderrad. Diese ungewöhnliche Position ist dem Reibrollenantrieb geschuldet, hatte aber auch zur Folge, dass die Abgase vom Motor auf dem Vorderrad nicht nach hinten abgeführt werden. Ein Umstand, der die Solex-Töfflis bis in die 1970er-Jahre hinein zu einem beliebten Dienstfahrzeug von klerikalen Würdenträgern machte. Deren umhangähnliche Kleider wurden bei Fahrten mit den Solex-Töfflis so nicht von Kettenfett und Auspuffgasen verschmutzt. Ein Umstand, der den Vélosolex-Mofas den Beinamen "Christenverfolger" oder "Maria-Hilf-Motor" einbrachte. Die besondere Abgasführung, die leider dazu führt, dass man bei Touren mit diesen Mofas häufiger die Abgase und Abwärme des Motors an der Nase zu spüren bekommt, bescherte dem Hödi zusätzlich den Spitznamen "Nasenwärmer-Mofa".
Wartungsarm, billig und robust – die Gründe für den Welterfolg
Die robuste und unkomplizierte Bauweise, insbesondere die Vereinfachung, die der Reibrollenantrieb mit sich brachte, ist sicher einer der wesentlichen Gründe für den Welterfolg dieses Mofas. Da die Hödis in der Standardausführung über ein sehr geringes Eigengewicht von etwa 28 Kilo verfügen, ist auch der Kraftstoffverbrauch sehr gering. Auf 100 Kilometer verbrauchen die Töfflis gerade einmal 1,4 Liter. Der Antrieb erwies sich zudem relativ wartungsarm. Sieht man einmal von den Problemen ab, die eine durchrutschende Reibrolle bei regennasser Fahrbahn oder abgefahrenem Vorderreifen verursachen kann, funktioniert der Reibrollenantrieb sehr zuverlässig – damals wie heute. Diese Zuverlässigkeit in Kombination mit dem unschlagbar günstigen Preis – die letzten Vélosolex-Hödis lagen in der Anschaffung etwa bei der Hälfte dessen, was die Töfflis anderer Hersteller kosten – waren mit Sicherheit weitere Gründe für den bahnbrechenden Erfolg dieses Mofamodells.
Niedergang und Renaissance der Nasenwärmer
Das Jahr 1988 markierte das Aus für diese hinreissend charmanten Mofas, die Produktion wurde eingestellt. Zwar gab es Anfang der 2000er-Jahre Versuche, Nachfolgemodelle wie das eSolex oder die Variante Black´n Roll zu etablieren, doch diese Zweiräder waren weder, was den Charme-Faktor noch was die Qualität angeht, mit den historischen Mofas vergleichbar. Das Original von Solex war zu diesem Zeitpunkt aber schon längst zum Kult geworden. Niemand hätte im Jahr 1988 damit gerechnet, dass noch Jahrzehnte nach dem Produktionsaus überall auf der Welt Töfflibuebe und Töfflimeitli diese einzigartigen Hödis in Schuss halten, restaurieren und liebevoll pflegen. Natürlich ist die Ersatzteilversorgung für die Solex-Oldies trotz der hohen Stückzahlen nicht einfach. Aber für alle Besitzer eines solch schönen Mofa-Oldtimers bietet sich in unserem Shop die Möglichkeit, echte Raritäten, NOS-Ersatzteile oder passgenaue Nachbauteile zu finden. So wird es auch für dich erheblich leichter, dein Solex-Hödi im Original-Zustand zu erhalten. Wir wünschen uns wie jeder Töfflibuebe und jedes Töfflimeitli, dass man auch in Zukunft noch zahlreiche dieser einzigartigen Perlen im Originalzustand auf Schweizer Strassen bewundern kann.
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