Kolbenfresser vermeiden oder beheben
So wechselst du den Hubkolben und vermeidest den Töffli-GAU
Wartet man trotz der charakteristischen Vorboten zu lange, ist es meistens zu spät. Dann sind Hubkolben sowie Zylinder unbrauchbar und lassen sich nur mit viel Aufwand wiederherstellen. Einfacher ist es dann, beide Teile komplett zu ersetzen. Wie du dem Kolbenfresser vorbeugen kannst und wie du richtig reagierst, wenn du die typischen Warnsignale vernimmst, verraten wir dir in diesem Artikel.
Entstehung eines Kolbenfressers
Bei Verbrennungsmotoren werden Schäden an den Laufflächen des Kolbens umgangssprachlich als Kolbenfresser bezeichnet. Der Begriff klingt martialisch und dramatisch – und das hat durchaus seine Berechtigung. Denn bei einem Kolbenfresser ist deutlich zu erkennen, wie sich das Kolbenmaterial regelrecht in die Oberfläche des Zylinders hineinfrisst: ein Bild des Grauens!
Zu solchen Schäden kommt es durch trockene Reibung. Fehlt es an Schmierstoff auf der Lauffläche, führt die Reibung zur Überhitzung. Kolben und Zylinder sind in der Regel aus verschiedenen Legierungen gefertigt. Diese haben unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten. Das heisst, sie dehnen sich mit steigender Temperatur unterschiedlich stark aus. Du musst kein Physiker oder Ingenieur sein, um dir vorzustellen, dass sich dadurch der hauchfeine Spalt zwischen den Laufflächen verengt und der Kolben fest sitzt. Im Extremfall kann es sogar passieren, dass sich das Kolbenmaterial mit der Zylinderoberfläche verschweisst. Von einem Moment auf den nächsten blockiert dann der Kolben und dein Töffli steht still. Doch ein Kolbenfresser kommt nicht aus heiterem Himmel. Der Töffli-GAU zeichnet sich im Vorfeld meistens schon ab.
Mangelhafte Schmierung – eine der häufigsten Ursachen für den Kolbenfresser
In den meisten Fällen ist die Ursache für diesen gefürchteten Defekt die mangelhafte Schmierung. Deswegen ist es auch wichtig, stets für eine ausreichende Versorgung mit Schmierstoffen zu sorgen. Fremdkörper, die durch altes Öl, verschmutzte Ansaugluft oder durch einen gebrochenen Kolbenring in den Zylinderraum gelangen, kommen als weitere Verursacher für einen Kolbenfresser beziehungsweise -klemmer in Betracht.
Als Fehlerursache kommt auch eine falsche Ölsorte oder falsch zusammengestelltes 2-Taktgemisch in Betracht. Zweitaktmotoren für Töfflis sind in der Regel ziemlich robust, trotzdem solltest du beim Nachfüllen des Öls immer auf die Auswahl und vor allem eine ausreichende Menge der Ölsorte achten.
Umsichtiges Vorgehen hilft Folgeschäden vermeiden
Hat der Kolbenreiber zugeschlagen, dann nimmt das grausame Schicksal seinen Lauf. Dein Töffli bleibt schlagartig stehen. Als Vorstufe lässt sich der so genannte Kolbenklemmer identifizieren. Tritt dieser auf, sollten bei dir alle Alarmglocken schrillen. Im Falle eines Kolbenklemmers bleibt aber noch eine Gnadenfrist, um den Defekt zu beheben. Denn beim Klemmer lösen sich Kolben und Zylinderlauffläche nach dem Abkühlen wieder. Dann lässt sich das Mofa erneut starten, doch schon nach kurzer Zeit wird das Problem wieder auftreten. Bei einem Kolbenfresser solltest du auf keinen Fall eine Weiterfahrt probieren! Folgeschäden am Pleuel, Kurbelwelle und an den Lagern sind vorprogrammiert. Du musst kein Hellseher sein, um dir vorzustellen, welche Kosten dann bei der Reparatur fällig werden.
Ohren auf, wenn du mit dem Töffli unterwegs bist!
Die schaurigen Vorboten eines Kolbenfressers sind fast immer ungewöhnliche Geräusche, die auf ein gestörtes Zusammenspiel von Kolben und Zylinder hindeuten. Du kennst den Sound deines Mofas am besten. Verändert sich der Klang, hörst du beim Fahren klopfende oder rasselnde Geräusche oder klingelt es, darfst nicht zögern, sondern solltest der Sache unbedingt auf den Grund gehen. Handelst du schnell, dann ist der Zylinder oft noch durch Schleifen oder Honen zu retten. Honen nennt man den letzten zerspanenden Arbeitsgang beim Zylinderschleifen. Ziel dieses Feinschliffs ist es, die Mass- und Formgenauigkeit noch weiter zu steigern.
Mit dieser Methode lässt sich der Kolbenfresser zwar häufig beheben, die Vorgehensweise ist aber anspruchsvoll. Sie erfordert viel Erfahrung, Fingerspitzengefühl und spezielles Honwerkzeug, das nicht jedes Töfflimeitli und nicht jeder Töfflibuebe in der heimischen Garage hat. Um die Lauffläche von einen Zylinder mit Hundertstel-Millimeter Genauigkeit zu schleifen und zu honen, ist neben dem Honwerkzeug selbst auch sehr präzises Messgerät erforderlich.
Kolbenwechsel in Eigenregie
Eine Reparatur in der heimischen Werkstatt kommt vor allem dann in Frage, wenn du Zylinder oder Kolben komplett durch neue Teile ersetzt. Hast du beispielsweise nach einem Kolbenklemmer umgehend reagiert und die Lauffläche des Zylinders ist intakt geblieben, kannst du einen Kolbenwechsel in Betracht ziehen. Die Kosten für den Kauf eines neuen Kolbens sind überschaubar und die Reparatur ist längst nicht so anspruchsvoll, wie das beim Zylinderhonen der Fall ist. Bei der Beschaffung eines geeigneten Ersatzkolbens musst du aber peinlich genau darauf achten, dass der Austauschkolben die gleichen Abmessungen wie das zu ersetzende Teil aufweist.
Der Wechsel eines Kolbens lässt sich am einfachsten am ausgebauten Motor bewerkstelligen. Das hat ausserdem den Vorteil, dass beim Arbeiten kein Schmutz in das Kurbelgehäuse eingetragen wird. Mit Hilfe einer Sprengringzange entfernst du die Kolbenbolzenclips. Ist das erledigt, lässt sich der Kolbenbolzen herausdrücken. Weil das meist ziemlich schwer geht, ist die Verwendung eines speziellen Ausdrücktools empfehlenswert.
Ist dieser Schritt erledigt, kannst du den alten Kolben und das Nadellager entnehmen. Beim Montieren des neuen Kolbens muss der eingravierte Pfeil in Richtung Auspuff zeigen. Die neuen Kolbenringe werden vorsichtig auf den Kolben aufgesetzt. Dabei kommt es darauf an, dass der Kolbenringspalt die Pin in der Nut des Kolbens beim Zusammendrücken exakt umschliesst. Im Anschluss bekommt der Kolben eine gründliche Schmierung mit hochwertigem Öl. Nun kannst du den Zylinder aufsetzen. Nachdem du den Zylinderkopf aufgesetzt hast, kannst du ihn befestigen.
Dabei solltest du einen Drehmomentschlüssel verwenden, denn bereits kleinste Verformungen könnten die Ursache für einen Kolbenfresser sein und eine erneute Reparatur nötig machen. Für viele Töfflimeitli und Töfflibuebe ist das Schrauben in der heimischen Werkstatt eine Leidenschaft und ausserdem lässt sich mit Reparaturen in Eigenregie oft auch einiges an Sackgeld sparen. Bei einem Kolbenfresser kommen aber leider die meisten Schrauber in vielen Fällen an ihre Grenzen. Meist ist es kostengünstiger, einfach den Kolben oder den Zylinder komplett zu wechseln. Beide Tätigkeiten kannst du selbst ausführen, wenn du bereits einige Erfahrungen in deiner Schrauberwerkstatt gesammelt hast.
Den Töffli-GAU erfolgreich vermeiden
Dem Schreckgespenst Kolbenfresser entgehst du am ehesten, wenn du für eine ausreichende und funktionierende Schmierung der Zylinderbaugruppe sorgst. Dabei solltest du auf hochwertige Schmierstoffe setzen. Ausserdem ist es wichtig, dass du auf die Vorboten des Kolbenreibers achtest. Bei ungewöhnlichen Geräuschen oder Anzeichen für einen Kolbenklemmer solltest du schnell aktiv werden, und die Laufflächen deines Hubkolbens und deines Mofazylinders genauer untersuchen.
Bildquelle:
Motor, Kolben, Zylinder: © Room 76 Photography – stock.adobe.com
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