Legendäre Mofamotoren

Sachs-505-Mofamotor
MOFAGESCHICHTE

Die Geschichte der Sachs-Aggregate

Das Schweizer Uhrwerk ist weltberühmt. Es ist das Sinnbild für unfassbare Präzision und allerhöchste Qualität. Zugegeben, die meisten Töfflimotoren sind nicht ganz so filigran wie ein handgefertigtes Uhrwerk, aber einige sind mindesten so zuverlässig, präzise und robust.

Die unkaputtbaren Sachs Mofamotoren sind so ein Beispiel. Bis heute werden die „Sachser“ deswegen von Töfflimeitli und Töfflibuebe geschätzt. Wir stellen dir die Geschichte der Schweinfurter Mofaschmiede und ihrer Motoren etwas genauer vor.

Ein Schweinfurter Motor erweist sich als Schweizer Uhrwerk

Im Jahr 2016 gelang es dem leidenschaftlichen Sammler Manfred Geb aus Schweinfurth, einen der ältesten Mofamotoren aus dem Hause Fichtel&Sachs wieder instand zusetzen. Der ältere Herr nennt sie fast alle sein Eigen, die Zweirad-Legenden vergangener Tage. Ob Puch-Töfflis, Miele, Wanderer, Hercules oder Adler, sie alle geben sich ein Stell-Dich-Ein in seiner Garage. Aber der Mofamotor aus Schweinfurter Fertigung, den er antiquarisch und in schlechtem Zustand erworben hatte, ist die absolute Krönung seiner Sammlung.

Fichtel & Sachs Werk 1 am Schillerplatz (1913)

Als Kenner der F&S-Motoren-Szene ahnt er schon beim ersten Blick, welches Stück er da vor sich hat. Einen Mofamotor mit der Seriennummer 545. Er recherchiert, ermittelt, sucht. Und findet keine existierende Motornummer, die kleiner und somit älter wäre. Er geht daran, das historische Aggregat aufzubereiten, akribisch wird das Triebwerk mit seinen 74 cm³, das 1,25 PS zu leisten im Stande ist, restauriert. Der Lohn der Mühe: Der Einzylinder-Zweitakter läuft und das mit sagenhaften 91 Jahren auf dem Buckel. Wenn dieser „Sachser“ erzählen könnte, dann wüsste er einiges zu berichten. Da er das aber leider nicht kann, übernehmen wir das für ihn. Also, wie war das eigentlich damals, vor rund 125 Jahren?

Vor mehr als 125 Jahren, am 1. August 1895, gründen Karl Fichtel und Ernst Sachs die „Schweinfurter Präcisions-Kugellagerwerke Fichtel&Sachs oHG“. Zunächst haben die Gründer mit Motoren nichts im Sinn. Der Fokus liegt auf dem Velociped, dem Velo. Ernst gelingen in diesem Fahrzeugsegment Erfindungen, die weltweit Bedeutung erlangen. Schon 1889, also noch vor der Firmengründung, erfindet er den Velofreilauf, 1903 ersinnt der Tüftler die Rücktrittbremse. Im gleichen Jahr erfindet das in Konstanz geborene Genie die Torpedo-Freilaufnabe, die sich zum regelrechten Verkaufshit entwickeln wird.

Sachs von Hansueli

Der Wind dreht sich – F&S schrumpft sich gesund

In den 1920ern verändert sich die Lage. Kurz zusammengefasst: Der Druck der schwedischen Wälzlager-Industrie wird enorm, F&S verkauft die Sparte mitsamt rund 3.000 Arbeitern an die Svenska Kullagerfabriken (SKF), die damals noch Vereinigte Kugellagerfabriken AG hieß. Es wird dem Gründer aus folgendem Grund leichtgefallen sein: Die SKF fusioniert mit dem Unternehmen Höpflinger & Fries. Interessantes Detail: Ernst Sachs ist Höpflingers Schwiegersohn und sitzt im Aufsichtsrat des Unternehmens. Er verwendet den Verkaufserlös dazu, Fichtels Erben auszuzahlen. Er investiert in zukunftsträchtige Produkte und ist nun alleiniger Herr im Haus. Und jetzt richtet sich der Blick des weitsichtigen Unternehmers auf Kupplungen, Stoßdämpfer und Motoren.

1930 schlägt die Geburtsstunde der Motorenlegende Fichtel&Sachs. Neben der Fertigung für die immer mehr boomende Autoindustrie widmet sich der Industrielle der motorisierten Mobilmachung des Velos. 1930 entstehen bereits 1.850 Einzylindermotoren mit 98 cm³ Hubraum. Im Jahr darauf sind es bereits 36.000, die vor allem an Fahrradhersteller geliefert werden. Als Ernst 1932 stirbt, übernimmt sein Sohn Willy die Geschäfte und erweist sich als würdiger Nachfolger. 1937 stellt er auf einer grossen Automobilausstellung den 60 cm³ grossen Saxonette-Motor vor. Der 1,2-PS-Motor lässt sich leicht in die Hinterradnabe von Fahrrädern einbauen. Das macht den kleinen Zweitakter äusserst beliebt, obgleich er nur zwei Jahre produziert wird (1938 – 1940).

Erste Saxonette von 1938

Sachs Mofamotoren exklusiv für den Schweizer Markt

Als die Töfflis in ganz Europa die Strassen erobern und die Einführung dieser Fahrzeugklasse für einen ersten grossen Mofa-Boom sorgt, schenkt das Schweinfurter Unternehmen der Welt bzw. der Schweiz einen besonderen Mofamotor, das Modell Sachs 503. Für Jugendliche und Arbeiter mit bescheidenem Einkommen wurde mit der Einführung der neuen Fahrzeugklasse des Motor-Velos im Jahr 1961 der Traum von der individuellen Mobilität realisierbar. Das Töffli stand für Freiheit und Unabhängigkeit. Für die Schweinfurter ein lukrativer Markt, von dem sie gerne profitierten. Mit dem exklusiv für die Schweizerische Eidgenossenschaft produzierten Mofamotor 503 brachten sie ein Modell auf den Markt, das sich bis heute grosser Beliebtheit erfreut. Zahlreiche Mofa-Hersteller verbauten den Sachs 503 in ihren Töfflis und bis heute leistet er gute Dienste.

Motorgehäuse Sachs 503 AC / ADV (A5675) NOS

Auch die traditionsreiche Töfflischmiede Amsler & Co setzte lange Zeit auf die Mofamotoren des Schweinfurter Herstellers und rüstete die legendären Pony-Motos-Töfflis mit F&S Aggregaten aus. Das Modell 503 erwies sich als äusserst robust und anspruchslos, sodass diesem Mofamotor schnell der Nimbus zuteilwurde, unkaputtbar zu sein. Mit 47 cm³ Hubvolumen leistet das Modell, je nach Ausführung, zwischen 0,8 und 1,2 PS.

Custom Pony von Andreas

Im Laufe der Zeit entstanden zahlreiche Varianten dieses Motors. Zwei unterschiedliche Modelle mit Schaltgetriebe und fünf verschiedene Automatikversionen stehen zur Auswahl. Es gibt Varianten mit Fahrtwind- oder Gebläsekühlung. Und nicht nur den Typ 503, auch die anderen Mofamotoren erfreuen sich bis in die heutige Zeit hinein grosser Beliebtheit. So zum Beispiel der Typ 502 mit den gleichen technischen Daten. Aber auch Typ 504 und 535, mit denen die Pony-Motos-Töfflis ebenfalls ausgerüstet wurden, gelten nach wie vor als äusserst zuverlässig. Diese Mofamotoren leisten 1,1 PS aus 49,9 cm³. Beatmet werden die kleineren F&S-Motoren mit Schieber-Vergasern von Bing.

swiing Vergaser 17 mm Bing SSB 1/17/69

Revival des Saxonette-Aggregats

1987, pünktlich zum 50-jährigen Jubiläum präsentiert F&S eine zeitgemässe Version des Saxonette-Aggregats. Es liegt auf der Hand, dass dieser Motor nach so langer Zeit kaum etwas mit seinem berühmten Vorbild zu tun hat. Vielmehr ging es darum mit dieser Reminiszenz und der Verwendung des legendären Namens den Verkauf zu fördern. Bei der Saxonette der zweiten Generation handelt es sich um ein Velo mit 30 cm³-Radnabenmotor, das unter dem Label Hercules verkauft wurde. Seine 30 cm³ leisten 0,7 PS, eine recht ordentliche Leistung. Bereits 1997 stellt F&S, längst ein Teil im Universum des Mannesmann Marken-Konglomerates, den Bau von Motoren dann leider endgültig ein. Lediglich der Saxonette-Motor wurde noch bis 2011 produziert. Heute ist der Motorenbau von Aggregaten bei F&S leider Geschichte. Obwohl… doch nicht so ganz. 2019 debütiert unter dem geschichtsträchtigen Namen ein Elektromotor, der bei E-Bikes zum Einsatz kommt. Ob sie nun andauert, die legendäre Motoren-Geschichte? Wir werden es erfahren.

Weitere lässige Artikel

Cafe-Racer-Hoecker

Höcker für deinen Cafe-Racer selber bauen

Schlechte Nachrichten für deinen Sozius: der zweite Platz auf der Sitzbank deines Töfflis gehört künftig jemand anderem, nämlich dem Höcker deines Cafe-Racers. Denn dieses charakteristische Element ist unverzichtbar, wenn du deinem Töffli diesen einzigartigen Look verpassen willst.
Fliehkraftkupplung einstellen

Fliehkraftkupplung einstellen

Manchmal ist es zum Verzweifeln: Das Töffli startet nur widerwillig, nimmt das Gas nicht richtig an oder kommt nicht schnell genug vom Start weg.